Mittwoch, 15. August 2007

Archäologische Funde: Wie erkennt man Fälschungen













Interview mit dem Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst, der zeitweise einen weltweiten Antiquitätenhandel betrieb

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Frage: Herr Probst, Sie arbeiteten zeitweise als Antiquitätenhändler. Was hat Sie dazu bewogen?

Antwort: Ich habe mich als Verfasser zahlreicher Artikel für Nachrichtenagenturen und Zeitungen sowie als Autor der Bücher "Deutschland in der Urzeit", "Deutschland in der Steinzeit", "Deutschland in der Bronzezeit" und "Rekorde der Urzeit" oft mit archäologischen Themen beschäftigt. Irgendwann wurde der Wunsch übermächtig, selbst archäologische Funde aus der Steinzeit und Bronzezeit in den Händen zu halten. Und wer könnte das mehr als ein Antiquitätenhändler?

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Frage: In welches Land verkauften Sie die meisten archäologische Funde?

Antwort: Ursprünglich waren die meisten unserer Kunden/innen Deutsche. Später kamen Käufer/innen aus Österreich und der Schweiz sowie aus Luxemburg, Holland, Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, England, den USA, Japan und den Philippinen hinzu. Das größte Problem dabei ist weniger die Sprache (ein paar Brocken Englisch kann heute fast jeder) als vielmehr die relativ hohen Versandkosten.

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Frage: Wie erkennt man einen gefälschten archäologischen Fund?

Antwort: Bei relativ teuren archäologischen Funden aus Ton kann man einen wissenschaftlichen Thermolumineszenz-Test machen lassen, bei dem das Alter ermittelt wird. Bedauerlicherweise kostet ein solcher TL-Test rund 250 Euro. Kaum ein Kunde ist bereit, diese Mehrkosten zu tragen. Lieber erwirbt er - unwissentlich - eine Fälschung. Noch teurer sind Tests bei Metallobjekten. Mitunter erkennt man Fälschungen daran, dass sie für ihr angeblich hohes Alter viel zu gut erhalten sind und keinerlei Gebrauchsspuren aufweisen. Auch allzu frische Farben sind verdächtig. Gewarnt sollte man auch sein, wenn von einer Fundstelle auffällig viele Objekte in den Handel kommen. Über dieses Thema könnte man ein ganzes Buch schreiben und hätte immer noch nicht alles gesagt ...

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Frage: Gibt es archäologische Funde, die Sie am liebsten für sich selbst behalten wollen, statt sie mit Gewinn zu verkaufen?

Antwort: Wenn ich ein verziertes Tongefäß in meinen Händen hielt, das vor Jahrtausenden in der Steinzeit oder in der Bronzezeit geschaffen wurde, gab ich dieses nur sehr ungern wieder aus der Hand. Ähnlich erging es mir bei tönernen Figuren von Göttern und Göttern.

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Frage: Worüber ärgerten Sie sich am meisten?

Antwort: Es betrübte mich sehr, dass vor allem bei Internetauktionen viele plumpe Fälschungen dreist als Originalfunde angeboten werden. Leider fallen hierauf zahlreiche Leute mit "Geiz-ist-geil-Mentalität" herein, die ernsthaft glauben, man könne archäologische Raritäten für wenig Geld - am liebsten zum Startpreis von 1 Euro! - ergattern.

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Frage: Welche Anfängerfehler würden Sie heute nicht mehr machen?

Antwort: Ich würde keine archäologischen Funde mehr bei unbekannten Privatleuten kaufen, die im Gegensatz zu Händlern meistens kein Rückgaberecht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt der Ware einräumen und auch nichts mehr bei Anbietern, die ihre zerbrechlichen Waren nicht bruchsicher verpacken und meinen, der Versand erfolge auf Risiko des Käufers. Außerdem würde ich wegen der sehr schlechten Zahlungsmoral in Deutschland keine Waren mehr auf Rechnung liefern.

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Frage: Gibt es im Antiquitätenhandel manchmal auch etwas zum Lachen?

Antwort: Natürlich! Die Beschreibungen archäologischer Funde bei Internetauktionen sind zuweilen mit orthografischen und sachlichen Fehlern gespickt. Bei manchen Beschreibungen hat man den starken Verdacht, dass darin überhaupt nichts stimmt. Mitunter fordern Leute, die offenbar keinen blassen Schimmer von Antiquitäten haben, horrende Summen für wertloses Zeug. Manche Schlaumeier bieten fabrikneue Brieftaschen oder Metallbriefkästen in der Rubrik Steinzeit an. Ganz falsch ist letzteres vielleicht nicht, wenn man an lange Laufzeiten mancher Briefe denkt ...

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